Der nette Kommentar von Ralph zu meinem ersten Hymer-Beitrag gibt direkt ausreichend Anlass einmal einen Blick auf unsere kurze und ereignisreiche Historie zu werfen.
Unsere 2008'er Wohnmobil-Tour war sozusagen die Jungfernfahrt mit unserem Hymer-Bedford. Wir nennen ihn MobyDick. Und das versteht jeder, der ihn mal gesehen hat. (Bild wird folgen)
Vollkommen unbedarft haben wir das Mobil vollgeladen, die Wassertanks befüllt, Gasflaschen eingebaut und haben uns - zunächst zu zweit - auf eine schöne Tour nach Ostdeutschland begeben.
Erfurt, Leipzig, Berlin, Hamburg (Erstes wichtiges Etappenziel, weil Freunde Hochzeit feierten), anschließend zurück nach Köln.
In Köln ist nur ein fliegender Tankstopp eingelegt worden, Kinder aufnehmen (alle drei) und dann vollzählig weiter in Richtung südfranzösische Atlantikküste.
Es war eine traumhafte Reise. Ab Leipzig wurden wir nur noch von Sonnenschein begleitet, mussten häufig interessant improvisieren, weil wir an öffentlichen Plätzen standen und den PortaPotti im Hymer von Anfang an nicht benutzten, und hatten zu Zweit wie zu Fünft jede Menge Spaß am Reisen.
Südfrankreich's Atlantikküste war dann hin- und wieder etwas Stressig, weil wir im August unterwegs waren und es in der Hochsaison etwas schwierig war auf Campingplätze in Strandnähe zu kommen. Hier mussten wir zweimal eine Nacht
vor dem Campingplatz verbringen bevor wir unseren Stellplatz einnehmen konnten...
Auf der Rückfahrt von Südfrankreich haben wir kurz vor Paris eine Nachtrast eingelegt. Am nächsten Morgen haben wir uns dann kurzentschlossen für ein kleines Frühstück unter dem Eiffelturm entschlossen.
Eine wahnsinns-Anfahrt. Wir, mit MobyDick auf der Peripherie. Rauf, runter, Tunnel, vierspurige Autobahnen und alle haben den Eiffelturm im Auge behalten. Und dann - kurz hinter einer Unterführung, ist der kleine MobyDick einfach stehengeblieben: In einer leichten Kurve, hinter einem dunklen Tunnel, mitten auf einer vierspurigen Autobahn.
Komplette Ratlosigkeit bei der gesamten Mannschaft. Tank ist voll, der Motor hat tausende von Kilometern einfach durchgetuckert und jetzt sagt er
NICHTS?!
Was soll das denn?!
Okay - für so etwas haben wir ja den ADAC. Handy raus, angerufen und schon kam die erste Preisfrage:
ADAC:
Stehen Sie auf einer privaten oder auf einer öffentlichen Autobahn?
Ich: Keine Ahnung. - Woran erkenne ich das?
ADAC:
Finden Sie einfach heraus auf welcher Autobahn und in welchem Abschnitt Sie sich befinden. Wir können Ihnen nur helfen, wenn es sich um eine öffentliche Autobahn handelt, ansonsten müssen Sie erst auf eine öffentliche Strasse abgeschleppt werden.
Ich: Alles klar - ich melde mich wieder.
Wir haben tatsächlich von der ersten Fahrt an fünf rote Warnwesten an Bord gehabt. Silke kümmerte sich um die Warnbekleidung der Kinder, ich bin die Autobahn entlanggelaufen um irgendeinen Hinweis auf die genaue Bezeichnung der Bahn zu finden, auf der wir uns befanden. Ein sehr witziges Bild: Vier rote Gestalten stehen neben einem Oldtimer-Wohnmobil auf der Autobahn. Ich wurde nicht wirklich fündig, dafür hat sich jedoch ein äußerst freundlicher Franzose erbarmt. Er sah wohl die Kinder und hatte mitleid, zumal wir auch wirklich etwas gefährlich standen. - Na ja, wir hatten es uns auch nicht ausgesucht!
Er schleppte uns ab. Mit unserem Abschleppseil. Das hatten wir - ich glaube genau wie die Warnwesten - aus dem Plus-Markt. Bei Warnwesten ist sowas sicher kein Thema, die halten meist die paar Stunden, die man sie benötigt, ganz gut durch. Bei Abschleppseilen kann ich einen Tipp geben: Achtet auf die Stärke bzw. die Zulässige Belastung. Ich tat es nicht, jetzt sollte es sich rächen.
Nicht weit von unserem Pannenplatz entfernt war eine Autobahnabfahrt. Die schleppte uns der Franzose hinauf. Es ist eine dieser typischen Großstadt-Abfahrten von den meist etwas tieferliegenden Autobahntrassen hoch in die besiedelte Stadt. Und das bedeutete auch gleichzeitig mehr Last auf dem Seil.
Der Franzose fuhr einen Audi A4 aus den 90'er Jahren. Er schleppte uns die Abfahrt hoch. Am Ende der Abfahrt kam eine rote Ampel und an dieser Ampel kamen FENSTERPUTZER. In diesem Fall die wirklich hartnäckige, großstädtische Art, bei der man Fenster, Hosentaschen, Portemonnaies und Handtaschen geschlossen und versteckt halten sollte. Ich bin mir sicher, dass wir für sie so attraktiv waren wie ein gestrandeter Wal für Aasfresser. Zwei kümmerten sich um unsere Frontscheibe (klar - für Fensterputzer ist diese wahnsinns-Scheibe ein Eldorado!) und einer hatte nur den Betteljob.
Da wir unsere Fenster alle geschlossen hielten stand dieser lediglich vor unserer Frontscheibe und hielt flehend die Hände in die Höhe - frei nach Dürer. Natürlich untermalt von einem passenden Gesichtsausdruck.
Im Nachhinein denke ich, dass er sicher auch einen passablen Job auf einer Amateurbühne hätte ausrichten können.. nun ja, wir sollten nicht viel Zeit für solche Ideen haben, denn die Ampel schaltete auf grün und der Franzose setzte seinen A4 in Bewegung. Dann ein kurzes kräftiges Rucken am Abschleppseil und Schwupps, hatte sich der Knoten um den Abschlepphaken gelöst, das Kunststoff-Seil flog elegant durch die Luft und MobyDick versuchte rückwärts zu entkommen. Verdammt!! Ich kümmerte mich erst einmal nur darum kräftig zu bremsen (ohne Motor kein Bremskraftverstärker, gell?!)
Und jetzt kam das wirklich schöne: Der Franzose setzte rückwärts, stieg aus, hielt ganz offensichtlich alle Taschen dicht, verschloss sein Auto und bedeutete uns, dass wir gefälligst im Wohnmobil sitzen bleiben sollten!
Dann machte er Anstalten fix das Seil zu reparieren, jedoch kamen ihm die Fensterputzer zuvor und ließen sich absolut nicht davon abhalten das durchzuführen. So sehr er auch versuchte es selbst zu machen, die ließen ihn einfach nicht ran. Das Seil wurde dann in einer wiederum bühnenreifen Vorführung erneut verknotet, der Knoten wurde thetralisch festgezurrt und dann hing das Seil wieder zwischen den Fahrzeugen.
Der Franzose gab den Fensteputzern voller Dankbarkeit ein Geldstück (ich vermute zwei Euro) und wir fuhren von dannen..
Mit seinem A4 schleppte er uns noch ca einen Kilometer weiter vor einen Taxistand, direkt neben Cafes und Geschäften, weil er sichergehen wollte, dass wir in einer vernünftigen Umgebung auf den Abschleppdienst warten können. Dann wünschte er uns alles Gute, wollte auf keinen Fall Geld haben und verschwand.
Wir haben ihn echt ins Herz geschlossen!!
Es war erst 11 Uhr und wir hatten den ganzen Tag noch vor uns.
Nach erneutem Rückruf beim ADAC kam ein freundlicher, aber leider total inkompetenter Pannenhelfer, der beim Anblick von MobyDick mit Sicherheit verflucht hat, dass er ausgerechnet an diesem Samstag Dienst schieben musste. Er versuchte uns zunächst mit Worten zu heilen. Dann haben wir mal wieder probiert den Wagen anzuwerfen. Er sprang einfach an. Ein Horror. In einem Land, in dem man sich auf technischer Sprachebene kein Stück verständigen kann erliegt man einem nicht-reproduzierbaren Fehler. Ich wusste sofort, dass ich nicht weiterfahren wollte, sondern jemand den Wagen checken müsste.
Er - unser französischer ADAC-abgesandter - wusste im gleichen Moment, dass er überhaupt keinen Handschlag tun würde und uns solange mit unverständlichem Gerede zermürben wird, bis wir einfach weiterfahren.
Ich will's mal so sagen: Der erste Satz ging an ihn. Ich handelte heraus, dass er uns noch zu einer Tankstelle geleitete, weil ich davon ausging, dass der Wagen bis dorthin wieder Mucken machen würde. Da hatte ich die Rechnung ohne den Bedford gemacht. Er fuhr als wenn nichts gewesen wäre. Kein parken auf der Autobahn, keine Fensterputzer, nichts.
Nach der Tankstelle mussten wir den angeblichen Helfer ziehen lassen.
Zweiter Satz:
Vollgetankt, ab auf die Autobahn und weiter zum Eiffelturm. Nach einem Kilometer Vollgas ging es wieder los. Der Motor ruckelte, nahm kein Gas mehr an und MobyDick kam nicht mehr über 60 Sachen. In solchen Momenten rattert mein Kopf wie eine Nähmaschine: Noch während ich die Abfahrt suchte rief ich schon wieder den ADAC an, raunzte los, dass die mal ganz schnell wieder genau den Typen, der uns eben verarztet hat, aktivieren sollten und hielt sie so lange in der Leitung, bis wir von der Bahn runter waren und einen Platz in der Stadt fanden, an dem wir auf den Helfer warten konnten. In solchen Momenten ist es nicht sehr schön, wenn man mein Telefon-Gesprächspartner ist: Nach zehn Minuten war der Typ da.
Oh Wunder - er wusste immer noch nicht was er machen könne. Samstag, alle Werkstätten sind geschlossen und er kennt ohnehin niemanden der sich mit so einem alten Bedford-Diesel auskennt...
Kleines Detail, welches unseren langsam wachsenden Stresspegel erklärt. Am Montag ging die Schule wieder los. Es gab also gar keine Ebene für eine Diskussion, ob wir vielleicht noch bis zur nächsten Woche warten könnten.
Der ADAC ging dann auf die Suche nach einer freien Werkstatt. Ehrlich gesagt hat der ADAC mir soviel Kram am Telefon erzählt, dass es wirklich keinen sehr pragmatischen und kundenfreundlichen Eindruck hinterlassen hat. Sie würden das Auto jetzt in eine freie Werkstatt bringen lassen, weil wir ja darauf bestehen, dass es jetzt repariert würde. Es sei keine Vertragswerkstatt haben sie noch gesagt. Das war allerdings sehr ärgerlich, dass sie keine Bedford-Vertragswerkstatt an der Hand hatten. Wir lassen MobyDick ausschließlich in Bedford-Vertragswerkstätten nach Checkheft pflegen!!!
Wir wurden mal wieder in einen sozialen Brennpunkt gebracht. Ich glaube ich werde es nicht reproduzieren können, wo wir am Ende gelandet sind. Wenn ich die Unterlagen finde, dann werde ich es posten.
Inzwischen war MobyDick auf einem sehr robusten Abschleppwagen und wir fuhren über eine verstopfte Autobahn in ein Viertel, in dem der Fahrer uns ausdrücklich darauf hinwies, dass wir auf unsere Sachen aufpassen sollten. Wir fühlten uns wie in Marokko, Tunesien oder so.
Die Werkstatt machte ihr Geschäft ganz offensichtlich vornehmlich mit liegengebliebenen Touristen. Autos, Wohnmobile und Transporter aus aller Herren Länder standen auf dem Hof. Ich nehme an der Besitzer hat einen guten Draht zu verschiedenen Automobilclubs. Ganz bestimmt ein kluges Konzept.
Ab jetzt ging es auch ganz südländisch weiter: Es passierte erstmal nichts.
Und wie es in solchen Läden ist: Es war wirklich nicht einfach herauszufinden wer da hingehört, wer nur der Freund oder Verwandte ist und wer vielleicht auch nur seinen Wagen reparieren lässt.
Ich brauchte mindestens zwei Stunden um halbwegs herauszufinden wo der Hammer hängt.
Inzwischen war es ungefähr 14 Uhr.
Dann brauchte der Werkstattmeister und Eigentümer noch - mit wichtigen Unterbrechungen - ca 6 Stunden um das Auto durchzumangeln und herauszufinden was los ist.
Am Ende erhielten wir:
- während der ganzen Zeit kein vernünftiges Feedback vom ADAC (der vorher sagte, dass er uns dolmetschen würde)
- keine Auskunft über das Problem, welches zu unserer Panne führte
- einen Steck-Dieselfilter, der anstelle des herkömmlichen Dieselfilters in die Leitung gesetzt wurde
- die Auskunft (von dem Meister), dass wir das Problem (Welches?!) in Deutschland nochmal beheben lassen müssten
-
Eine Rechnung über knapp 400 Euro!!
...und das schmeckte mir überhaupt nicht. Gut. Angeblich konnten wir jetzt weiterfahren. Aber warum muss ich plötzlich eine Rechnung über etwas bezahlen, was nicht analysiert wurde, über dessen Behebung ich keine Freigabe erteilt habe
und was ich vor allem in Deutschland nochmal reparieren lassen muss!!
In diesem Fall gefiel mir das Verhalten des ADAC kein Stück, denn die Engel in Gelb haben durch die provisorische Reparatur Hotel- und Mietwagenkosten gespart, die auf jeden Fall in ähnlicher Höhe aufgelaufen wären, da vor Montag (mindestens zwei Nächte für fünf Personen) nichts zu machen gewesen wäre. Meine Schätzung: Drei Tage Werkstattaufenthalt hätten es sein müssen.
Nach einem unschönen Telefonat hat der ADAC seine Beteiligung an der Rechnung erhöht. Von ursprünglich 100 Euro sind sie auf 200 Euro hochgegangen. Der ADAC übernimmt in solchen Fällen übrigens scheinbar nur die Kosten der Diagnose. Und diese auch nur bis zu einem gewissen Betrag (offenbar 200,-€).
In unserem Fall ist die Diagnose nie abgeschlossen worden: ich habe nie erfahren was wirklich defekt ist.
Ich hätte erwartet, dass der ADAC deutlich mehr von den Kosten übernimmt und sich freut, dass wir nicht auf seine Kosten in Paris verweilen. Leider wusste die ADAC-Betreuung auch, dass wir zum Schulanfang am kommenden Montag zurück sein müssten, daher gehe ich davon aus, dass sie sich einfach bequem zurückgelehnt haben.
Lieber ADAC, das fühlte sich nicht gut an.
Aber um 22 Uhr ging es weiter! - Der Wagen fuhr wieder einwandfrei: kein Geruckel, volle Leistung und wir düsten sehr schnell in Richtung Belgien davon. Eine Nacht auf einer belgischen Raststätte und am nächsten Morgen konnten wir das schöne Köln-Panorama wiedersehen, welches einem auf der A4 aus Richtung Aachen geboten wird.
Ein sehr schöner, am Ende noch sehr aufregender Abenteuerurlaub mit MobyDick. Alle waren sehr happy!!